Was es bei Bluhme alles gab

Vor kurzem brachte mir ein Frohnauer eine kleine Tüte, die er beim Aufräumen gefunden hatte. Da er ein ausgeprägtes Geschichtsbewusstsein hat, wollte er sie nicht einfach in den Abfall werfen, denn sie vermittelte – zumindest für Frohnauer – interessante Informationen. In ihr waren rote Gummiringe, die der Besitzer offensichtlich nicht aufgebraucht hatte. Der Fachausdruck heißt Couponringe, wie der Verkäufer mit Bleistift auf die Tüte geschrieben hatte. Zehn Gramm waren es, die der Käufer für 30 Pfennig erworben hatte.

Das Geschäft, in dem dieser Handel getätigt worden war, hieß – die Überschrift verrät es – Bluhme. Es war zuletzt am Ludolfingerplatz 2. Heute ist dort die Parfümerie Douglas. Die hat auch allerlei zu bieten, aber bestimmt keine Couponringe. Und ihre Waren bekommt man nicht grammweise und in kleinen Papiertüten, auf die man schreibt, was drinnen ist. Heutzutage werden Couponringe, wie so vieles, in Plastikbehältern verkauft.

Hermann Bluhme taucht mit einer Frohnauer Adresse im Berliner Adressbuch zum ersten Mal im Jahre 1929 auf. Der Eintrag lautet: Bluhme, Hermann, Drogerie, Frohnau, Am Kaiserpark 3. Vorher hatte er seine Drogerie in der Eichendorfstraße 15 in der Nähe des heutigen Nordbahnhofs.

Also am heutigen Edelhofdamm eröffnete Hermann Bluhme sein erstes Frohnauer Geschäft. In den dreißiger Jahren zog er auf die andere Seite der Bahn zum Maximiliankorso 1. Seine Anzeige im „Frohnauer Kirchenblatt” vom März 1933 lautete: „Reform-Drogerie Hermann Bluhme, Foto – Farben – Seifenartikel, Frohnau, Maximiliankorso 1”.

Nach dem Wiederaufbau des Geschäftshauses am Ludolfingerplatz 2 in den ersten Nachkriegsjahren machte er sein Geschäft dort auf. Hier hatte er weit mehr Verkaufsfläche als zuvor. Entsprechend erweiterte er sein Sortiment. Auch der Name wurde anspruchsvoller: „Mediz.-techn. Drogen-Kaufhaus, Foto- und Farbenhandlung”.

Aber das war bei weitem nicht alles, was er zu bieten hatte. Die kleine weiße Tüte mit ihrem grünen Aufdruck verrät es. Es gab eine Kosmetikabteilung, eine Babyabteilung, eine weitere für Bodenbeläge, eine für Pflanzenschutz und Düngemittel und schließlich eine für Tierfeinkost und Hundeartikel. In der Farbenabteilung wurden auch Tapeten verkauft und in der Fotoabteilung gab es Projektoren. In der Kosmetikabteilung gab es Geschenkartikel, in der Babyabteilung konnte man Babywaagen und Rotlichtlampen ausleihen und in der Abteilung für Pflanzenschutz und Düngemittel erhielt man Sämereien, Drogen und Chemikalien, dazu Wasch-, Wirtschafts- und Reinigungsmittel. Außerdem bot Bluhme seinen Kunden „Heiß- und Kaltmangel mit abholen” an.

Übrigens: Wer Pflanzenschutzmittel zum Spritzen der Obstbäume brauchte, musste einen Garten nachweisen und sich ins Giftbuch eintragen lassen. Nicht dass er auf die Idee kam, zum Beispiel das ominöse E 605 wie seinerzeit Christa Lehmann in Pralinen zu spritzen und zum Beseitigen unliebsamer Mitbürger zu benutzen.

Bei dieser Auswahl war es eine große Hilfe, dass man bei Bluhme von Fachleuten bedient wurde. Besonders bei den Farben und den Spritzmitteln konnte man auf den Rat und die umfangreiche Fachkenntnis des Juniorchefs vertrauen. Leider litt er an Rheuma und vertrug das raue Berliner Klima nicht. Er zog in den Süden, und das wunderbare Kaufhaus wurde in den siebziger Jahren geschlossen. Ein kleiner Überrest erinnert an das florierende Geschäft von einst. Über der Tierkosthandlung ist noch heute ein – wenn auch schwacher – Schriftzug zu erkennen: Tapeten.

Zurück bleibt die Frage: In welcher Abteilung gab es die Couponringe?