In Frohnau kein Unbekannter: Otto Maerker

Otto Maerker ist kein Frohnauer, doch hinterließ er im Jahre 1932 einen Frohnauer beziehungsweise eine Frohnauerin, genau genommen sogar die berühmteste Frohnauerin. Sie werden schon ahnen, von wem die Rede ist. Natürlich von der Kugelläuferin auf dem Zeltinger Platz. Nun könnte man einwenden, diese hübsche Dame sei uns gar nicht von Otto Maerker hinterlassen worden, sondern von Harald Haake.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Harald Haake, ein auf Nachschöpfungen im Dienst der Denkmalpflege spezialisierter Künstler, fertigte 1980 eine zweite Kugelläuferin, nachdem die erste nur zehn Jahre nach ihrer Erschaffung als kriegswichtiges Material eingeschmolzen worden war. Sie sieht genau so aus wie ihre Vorgängerin, denn Haake benutzte als Vorlage ein Modell von Otto Maerker. Und ähnlich wie unser Pilz an der Oranienburger Chaussee als Werk Carl Stahl-Urachs gilt, obwohl wir es mit einem Nachbau des 1977 abgebrannten Werks zu tun haben, verbinden wir die berühmte Frohnauerin weiterhin mit dem Namen Otto Maerkers.

Otto Max Friedrich Maerker wurde am 9. Dezember 1891 in Berlin-Schöneberg geboren. Später zog er etwas mehr an den Stadtrand, nämlich in die Zehlendorfer Düppelstraße. Im Berliner Adressbuch von 1920 ist als sein Beruf Kunstbildhauer angegeben. Mitte der zwanziger Jahre zog er dann noch ein bisschen weiter, diesmal sogar über die Stadtgrenze hinaus bis nach Kleinmachnow.

Die Kunst der Bildhauerei hatte er bei keinem Geringeren als dem österreichischen Professor der Wiener Kunstgewerbeschule Franz Metzner (1870-1919) erlernt. Metzner hatte 1905 den Auftrag erhalten, Bildhauerarbeiten am Leipziger Völkerschlachtdenkmal zu übernehmen. Um näher an seinem Arbeitsplatz zu sein, zog er 1906 von Wien nach Berlin. Diese Stadt war ihm wohlbekannt, denn er hatte hier schon in den Jahren 1894 bis 1903 gewohnt. Für das Völkerschlachtdenkmal schuf er „die ‚Schicksalsmasken’ und Monumentalfiguren in der Ruhmeshalle, den Reiterfries in der Innenkuppel sowie die zwölf, fast 13 Meter hohen ‚Krieger der Freiheitswacht’ an der Außenkuppel” (Wikipedia).

Nachdem er zunächst in Wilmersdorf gewohnt hatte, baute der „Professor und akademische Bildhauer Franz Metzner” (Berliner Adressbuch von 1919) für sich und seine Familie in der Machnower Straße in Zehlendorf ein Wohnhaus mit Werkstatt nach eigenem Entwurf. So hatte Otto Maerker es nicht weit bis zur Werkstatt seines Lehrmeisters, bei dem er eine Steinmetzlehre absolvierte und mit der Bildhauerkunst vertraut gemacht wurde.

In Otto Maerkers Schaffensperiode rangiert die Frohnauer Kugelläuferin ziemlich weit vorn. Davor hatte er schon eine Büste seines Sohnes Peter Max geschaffen. Danach folgten 1938 der Kopf eines Mannes und 1939 ein Relief mit dem Titel „Die Jagd”. Außerdem war er an der Ausstaffierung der Filme „Die Nibelungen” (1924), „Metropolis” (1925/26) und „Münchhausen” (1943) beteiligt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Kleinmachnow zur sowjetischen Besatzungszone und dann zur DDR. Entsprechend änderte sich der Wirkungsbereich des Künstlers. Ihm saßen jetzt DDR-Größen wie Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl in seinem Atelier Modell, aber auch von bereits verstorbenen Kommunisten wie Ernst Thälmann und Werner Seelenbinder schuf Otto Maerker Porträtbüsten. Dass er die bronzene Bildnisplakette für einen Karl-Marx-Gedenkstein herstellte, wurde merkwürdigerweise von der SED verschwiegen. Dieser Gedenkstein wurde am 5. Mai 1953 aufgestellt, dem 135. Geburtstag des Namenspatrons. Aufstellungsort war die SED-Parteihochschule auf dem Hakeburg-Gelände in Kleinmachnow, das wie seinerzeit zu NS-Zeiten, als es Forschungsanstalt der Reichspost war, von der Öffentlichkeit strikt abgeschottet wurde.

Aber Otto Maerker arbeitete keineswegs nur für politische Größen. Er schuf Abbildungen aus Gips oder Bronze von Familienangehörigen, verschiedene Plastiken für den Tierpark Berlin, darunter eine Büste Alfred Brehms, und viele Kleinplastiken, insbesondere Akte und Tiere. Am 7. März 1967 starb er in seinem Heimatort. Er ist auf dem Waldfriedhof Kleinmachnow (Block D) bestattet.

Als sein Frohnauer Kunstwerk 1980 ein Comeback feiern sollte, war es Otto Maerkers Witwe, die dafür das Modell zur Verfügung stellte. Sie war übrigens anwesend, als zur Freude der Frohnauer die wieder auferstandene Kugelläuferin den Platz ihrer Vorgängerin im Brunnenbecken auf dem Zeltinger Platz einnehmen durfte.

Die kleine Zeremonie war verbunden mit einer größeren Veranstaltung, dem Frohnauer Weinfest. Es war das zweite seiner Art und hatte wie das erste einen besonderen Anlass. Im Jahre 1978 waren die Brunnenanla­gen auf dem Ludolfingerplatz restauriert worden, und zwei Jahre danach war der Zeltinger Platz dran. Und zu dessen Brunnen gehörte ja die Kugelläuferin.

Die Hauptrede hielt der Bürgermeister Herbert Grigers. Er ging auch auf einen unerfreulichen Vorfall ein, der die rechtzeitige Inbetriebnahme des Brunnens beinahe verhindert hätte. Unbekannte Schmierfinken hatten die Brunnenfigur mit Farbe verunziert, und das ausgerechnet in der Nacht vor ihrer Enthüllung. Glücklicherweise war es der Freiwilligen Feuerwehr Frohnau gelungen, die Bronzefigur bis zum Beginn der Feierlichkeiten von der Farbe zu befreien.

Wieder zwei Jahre später fand das dritte Weinfest statt, und wieder war Otto Maerkers Witwe dabei. Von den Honoratioren, die unter der Pergola am Brunnen mit der Kugelläuferin standen, gibt es ein Foto. Es zeigt Grigers’ Nachfolger, Bürgermeister Günter Birghan, am Mikrophon und links neben ihm Frau Maerker.

Der „Nord-Berliner” hatte übrigens in seiner Ausgabe vom 27. Juni 1980 geschrieben, man könne der Brunnenfigur eine große „Karriere” voraussagen. „Sie wird höchstwahrscheinlich zum neuen Wahrzeichen der Gartenstadt.” Und – hat das Lokalblatt Recht behalten?