Paul Bornkessel, ein Frohnauer Erfinder

Paul Bornkessel war gewissermaßen ein Tausendsassa. Etwas ernsthafter ausgedrückt: Er war vielseitig und unternehmungs­lustig. Es hielt ihn nicht im heimatlichen Thüringen. Dort war er am 10. August 1880 geboren worden, erhielt eine techni­sche Ausbildung, wurde Ingenieur, machte sich das Vorhan­densein einer florierenden Glasindustrie in Mellenbach zu­nutze, entwickelte Geräte zur weitgehend automatischen Pro­duktion von Spezialgläsern und zog schließlich nach Berlin. Im Frohnau ließ er sich während des ersten Weltkriegs am Barba­rossakorso 30-32 nieder. Die Bornkesselwerke hatten bald Niederlassungen in Berlin, Mellenbach, Altenburg, Gräfen­roda, London, Bombay und Buenos Aires.

Die Internationalisierung hatte Paul Bornkessel schon früh angestrebt. Ein amerikanisches Patent konnte dazu ausgezeich­net beitragen. Am 11. Oktober 1910, als er etwas über dreißig Jahre alt war, erhielt eine seiner Erfindungen, die die Bezeich­nung trug: Burner for glass blowing apparatus (Brenner für Glasbläserei-Vorrichtungen) vom amerikanischen Patentamt die begehrte Bescheinigung. Die Beschreibung der Erfindung klingt für heutige Begriffe etwas gestelzt, war aber damals durchaus angemessen: „Be it known that I, Paul Bornkessel, a subject of the German Emperor [...] have invented certain new and useful Improvements in Burners for Glass-Blowing Appa­ratus, of which the following is a specification“, (etwa: Ich gebe zu wissen, dass ich, Paul Bornkessel, Untertan des deutschen Kaisers [...] gewisse neue und nützliche Verbesserungen bei Brennern für Glasbläserei-Vorrichtungen erfunden habe, deren Einzelheiten hier folgen).

Im Weiteren informiert Bornkessel, dass bei herkömmlichen Glasbläserei-Vorrichtungen die Gaszufuhr für jeden Druck­brenner von einem extra Absperrhahn reguliert wird, was viele Nachteile habe, besonders den damit verbundenen Zeitverlust. Seine Erfindung komme mit einem Hahn und einer auf einer Achse drehbaren Gaszufuhr aus. Eine beiliegende technische Zeichnung zeigt dem Fachmann, wie das im einzelnen funktio­niert. Der Laie versteht so viel, dass die Erfindung derart fort­schrittlich war, dass sie vom amerikanischen Patentamt aner­kannt und damit patentrechtlich geschützt wurde.

Von Berlin aus handelte Bornkessel weitweit mit Produkten aus den Niederlassungen „Bornkessel-Brenner und Glasma­schinen GmbH“, Saarlandstraße 103 in Berlin SW 11 (später Stresemannstraße), und „Vereinigte Bornkesselwerke“, Chaus­seestraße 128/129 in Berlin N4, sowie mit Produkten anderer Firmen. Von hier aus gründete er auch die Niederlassung in Buenos Aires, um näher am südamerikanischen Markt zu sein.

In Frohnau lebte die Familie zu viert. Neben Paul waren das seine Ehefrau Elsa und die Töchter Annemarie (geboren 1911) und Charlotte (geboren 1913). Die beiden verlebten in der Gartenstadt eine schöne Jugend, spielten Hockey und Tennis und scheuten sich nicht, etwas zu tun, das damals noch auf indigniertes Stirnrunzeln der Zeitgenossen stieß: Sie gingen abends Arm in Arm durch die Straßen und rauchten in aller Öffentlichkeit. Einer ihrer Freunde, Erich Judith, ist bald hundert Jahre alt und noch am Leben. Ein anderer Freund, der spätere Schauspieler Peter van Eyck, ist allerdings schon lange tot.

In Frohnau lebten die Bornkessels bis 1931, dann zogen sie nach Südende. Ende der dreißiger Jahre gab Paul Bornkessel seine eigene Produktion auf und ging zu den Küppersbusch-Werken in Gelsenkirchen. Wenn er auch kaufmännisch nicht immer er­folgreich war, so blieb ihm doch sein Erfindergeist erhalten. Bei den Küppersbusch-Werken entwickelte er ent­scheidende Patente im Be­reich der Industriebrenner. Am 16.1.1960 starb er in Essen.